Mein Name ist Marie-Therese. Ich bin Künstlerin auf der Insel Rügen.
Und dies ist meine Geschichte.
Auf dem Lande
Meine ersten Lebensjahre in der Wendezeit verbrachte ich im Westen von Berlin. Mitte der 90er kauften sich meine Eltern ein halbverfallenes Herrenhaus mitten im vorpommerschen Niemandsland. Hier wuchs ich auf, umgeben von 2 Geschwistern, 3 Hunden, 6 Gänsen, 15 Hühnern, einer Kuh, 3 Schafen, meiner geliebten Stute "Rigel" und 20.000 qm Wald und Land.
Als Aliens aus der Großstadt hatten wir es schwer, im Dorf Anschluss zu finden. Und so kam es, dass ich meine Freizeit als Heranwachsende meist zu Hause verbrachte. Dann malte ich manchmal stundenlang, beschäftigte mich mit den Tieren oder werkelte zusammen mit meinem Vater am Haus.
Meine Kunstlehrerin entdeckte früh mein künstlerisches Talent. Sie förderte es, wo sie konnte. So richtig Feuer fing ich jedoch beim Schulpraktikum in der Keramikwerkstatt von Katrin Jacobs. Es gefiel mir so gut, dass ich auch danach noch regelmäßig nach der Schule dorthin kam. Bald gehörte ich zur Familie. Ich hatte Spaß, immer wieder neue kreative Techniken mit den unterschiedlichsten Materialien auszuprobieren. Alle Zeiger standen in Richtung einer kreativen Laufbahn.
Selbstfindung
Doch wie so viele Andere, suchte ich nach dem Abitur nicht meine Berufung, sondern einen "Beruf mit Zukunft". Das Maschinenbau-Studium war nicht das Richtige, also absolvierte ich schließlich eine Ausbildung in einem Lebensmittelkonzern auf der Insel Rügen. Die Arbeit forderte meine ganze physische und mentale Kraft. Für Kreativität blieb kein Raum mehr.
Mit 27 Jahren stand ich am Abgrund. Burnout.
In meiner Verzweiflung suchte und fand ich Hilfe. Und zum ersten Mal in meinem Leben begann ich, mich zu fragen, was ich selbst möchte.
In dieser Zeit der Selbstreflektion kam meine Hündin Grace zu mir. Jeden Tag ging ich mit ihr zum Strand. Die frische Meeresbrise fegte regelmäßig meine destruktiven Gedanken fort. In der neuen Klarheit fand ich mich selbst. Und ganz nebenbei entdeckte ich eine neue Leidenschaft: das Sammeln von Fossilien.
Kunst und Natur
Die Natur ist der größte Künstler. Am Ostseestrand sehe ich überall faszinierende Farben und Formen. Sie inspirieren mich, selbst kreativ zu werden. In meiner kleinen Dachgeschosswohnung mit Blick auf den Sassnitzer Hafen entstanden aus den gesammelten Schätzen nach und nach kleine Kunstwerke.
Der Rügen-Markt gab mir erstmals die Chance, meine Kreationen, anderen Menschen zu präsentieren und sie zu verkaufen. Dort fand ich meine neue, berufliche Heimat. 2018 wurde mein Stand zum Schönsten des Marktes gekürt. Mittlerweile lebe ich vom Verkauf meiner Kunstwerke. Ich gebe meine Erfahrungen in Workshops weiter. Und ich gestalte individuelle Auftragsarbeiten für Häuser und Gärten.
Meine Kunst ist ein Stück Original Rügener Ostseeküste. Alle Teile wurden vom Meer freigelegt. Ich sammle sie und setze sie in einen neuen Kontext. Wie ein Mosaik verbinde ich Puzzleteile, bis etwas Neues entsteht. Und am Ende steht immer das Staunen.